Epilepsie.
Derart Heimgesuchte lasse ich nie berichten. Ich frage sie nur, wie lange sie dieses Uebel schon haben, ob sie den Anfall, die Vorzeichen desselben jedesmal bemerken, wie alt sie seien, ob die Geisteskräfte noch frisch oder schon tief heruntergekommen seien.
Nach meiner Ueberzeugung hat auch diese Krankheit ihren Hauptsitz im Blut, sei es nun Blutarmuth, krankhaftes, verdorbenes Blut oder ungeregelter Blutlauf. Meine Ansicht wird unterstützt durch die oft sich wiederholende Thatsache, daß hervorgelockte Ausschläge, gleichsam die Niederschläge, die Ausdünstungen des Blutes, solchen Kranken stets dauernde und sichere Hilfe gebracht haben, daß ferner sogenannte Unheilbare stets durch Aufgedunsenheit, blaue Farbe (das sind Anstauungen von verdorbenem Blute) sich kenntlich machen.
Lauten die Antworten auf sämmtliche Fragen günstig, was in der Regel bei jungen Leuten im Alter von 8-20 Jahren bei mir zutraf, so betrachtete ich das sogenannte hinfällige oder fallende Weh als krampfhafte Zustände, anschließend an den Veitstanz, und als heilbar. Recht Vielen konnte ich Hilfe bringen, selbst Solchen, welche das Uebel von den Eltern geerbt hatten.
Wurde insbesondere die Frage nach dem Wahrnehmen der Vorzeichen verneint (Zeichen der geschwundenen Geisteskräfte), war das Uebel alt und mehr oder weniger schon Blödsinn eingetreten, so hatten die bemitleidenswerten Kranken, die zum Glück ihr Unglück nie tief fühlen, von mir nie etwas zu erwarten.
Nach diesen Grundsätzen richtete ich jederzeit die Behandlungsweise ein, die stets auf Verbesserung des Blutes und Regelung des Blutumlaufes abzielte. Ich suchte die Kranken vor Allem zur Abhärtung anzuleiten, besonders zu recht fleißigem Barfußgehen. Zur Sommerszeit ließ ich dieselben zuweilen ein kaltes Bad nehmen, nie länger als eine Minute; zur Winterszeit wurde dieses Bad (ein bis zwei Minuten dauernd) etwas erwärmt. Dazu kam in der Woche einmal ein nasses Hemd, in Salzwasser getaucht.
Die durch letztere Anwendung oft zu Tage geförderten Ausschläge werden behandelt nach den an eigener Stelle (siehe Ausschläge) angegebenen Regeln. Junge Leute ermahne ich jedesmal, sich doch an einfache, vernünftige, nicht verweichlichende Kleidung zu gewöhnen, die Mädchen insbesondere, das verwerfliche, unnatürliche, krankhafte und krankmachende Einschnüren auszugeben. Das tägliche Brod, das Essen sei einfach. Alle geistigen Getränke, wie Wein, Bier, Kaffe u.s.w. müssen sorgfältigst gemieden werden. Die Arbeiten seien nie Kunststücke oder Kraftleistungen, sondern stets so, daß sie dem Vermögen und der Kraft angepaßt sind.
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